Im Vereinsarchiv befinden sich Tagebücher über die Markierungsarbeit für die Zeit von 1966 bis 1984, die von Paul Pemsel mit äußerster Genauigkeit geführt worden und mit zahlreichen Zeitungsausschnitten und auch mit Bildern versehen sind. Ihr Inhalt ist bei der Abfassung der vorliegenden Arbeit berücksichtigt worden. Aufgenommen werden konnten nur Abläufe von allgemeiner besonderer Bedeutung.
Wanderbücher liegen vor für das erste Wanderjahr im Verein, für das Jahr 1921, ferner für die Zeit von 1940 bis 1971. Nach einer Bezugnahme aus dem Jahre 1940 müssen früher weitere Bücher geführt worden sein, doch sind sie nicht mehr vorhanden. Die Bücher sind sehr unterschiedlich. Die der späten 60er und ersten 70er Jahre enthalten nur mehr Sammlungen von Unterschriften der jeweiligen Teilnehmer an Wanderungen. Mit wesentlich mehr persönlicher Beteiligung wurden sie in den 50er und frühen 60er Jahren, vor allem von Rony (Hieronymus) Birnhäupl in der Zeit von 1954 bis 1959 geführt, mit Anmerkungen zu den Wanderungen, mit eingeklebten Zeitungsausschnitten, auch mit Reklamemarken, die aus früherer Zeit noch vorhanden waren. Der 1.000 und, wenn diese Zahl erreicht wurde, der 2.000 Wanderer (oder auch eine Wanderin) wurde hervorgehoben, zum Teil mit Bild. Verdiente Wanderer, auch das Ableben von solchen, wurden gewürdigt. Der Wanderwart war wiederholt in Aktion zu sehen. Aus der Zeit nach 1971 sind keine Wanderbücher mehr festzustellen.
Sehr sorgfältig geführt, mit Bildern versehen und sauber geheftet das Wanderbuch 1921, mit Golddruck auf dem Umschlag ausgewiesen als "I. Wanderbericht 1921". Die Berichte sind in einer gefühlvollen Ausdrucksweise, jedoch sachlich geführt. Die "Liebe zum engeren Vaterland", die der Verfasser, der Wanderwart Adolf Liebl, durch das Wandern "fördern und festigen" wollte, auch seine patriotische Gesinnung überhaupt, werden immer wieder erkennbar. Es war damals meist viel Jugend in den Wandergruppen. Zither und Mandoline wurden mitgeführt. Die Aufenthalte benützte man häufig, "um in ausgiebigster Weise der Göttin Terpsichore zu huldigen."
Später hört man derlei nicht mehr. In der Zeit vor der Währungsumstellung konnten sich offenbar mehr junge Leute die Teilnahme an Fahrten leisten, als in den Jahren danach.
Auffallend ein Bericht über eine Wanderung am 3. April 1921 von Regendorf nach Pielenhofen, mit der an der Bismarcksäule beim Forsthaus Ziegelhütte eine Gedenkfeier für die im 1. Weltkrieg Gefallenen des Vereins verbunden wurde. Der Inhalt der beiden dabei gehaltenen Reden weicht ganz erheblich von dem Ton ab, der ansonsten in den Vereinsunterlagen anzutreffen ist. Das gilt selbst mit gewissen Modifikationen und Einschränkungen - für die Zeit des "Dritten Reiches". Gebrandmarkt wird der "Schandvertrag von Versailles", unter dem das deutsche Volk seufze. Verraten und verkauft, in Schmach und Schande liege das Deutsche Reich. An die Stelle von Begeisterung und Nationalgefühl sei rücksichtslose Selbstsucht getreten. Man müsse die Jugend zu Deutschen erziehen, denen das Vaterland über alles gehe. Wie sei das damals in jenen Hochsommermonaten des Aufmarsches des deutschen Heeres gewesen. Herrliche Schlachten habe die deutsche Jugend geschlagen. Jahrelang habe sie draußen gelegen im Schützengraben, in Sturm und Regen, in Schnee und Sonnenglut, habe Hunger und Durst gelitten und ihr graues Ehrenkleid sei im Laufe der Zeit von Wasser und Blut verklebt fahl geworden. Ihr müsse man geloben, nicht zu ruhen und zu rasten, bis unser Schild rein gewaschen sei von Schimpf und Schande. Mit Stolz wolle man auf ihre Taten zurückblicken und unsere Gedanken hinausschicken zu manchem stillen Heldengrab.
Einer der beiden Redner war mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse dekoriert. Er musste den Krieg erlebt haben, wie das auch aus seinen Ausführungen erkennbar ist (er war Obersekretär im Zivilberuf, konnte also auch im Kriege keinen allzu hohen Rang eingenommen haben!). Es ist heute kaum mehr verständlich, dass Nationalgefühl, wenn es überhaupt geoffenbart werden möchte, in solchen Wendungen zum Ausdruck gebracht wird. Zu bedenken ist jedoch, dass man 1921 wie unter einem Schock noch unter dem deprimierenden Eindruck des verlorenen Krieges stand, der Niederlage, die viele noch in der ersten Hälfte des Jahres 1918 zur Zeit der großen deutschen Offensiven nicht erwartet hatten. Die Härte der französischen Besetzung Westdeutschlands, die Wirren der Revolution nach dem Kriege lasteten schwer auf einem großen Teil der deutschen Bevölkerung. Dagegen hielt man die Zeit vor 1914, auf die man immer noch eingestellt war.
Herausragend die Bücher für die Zeit von 1940 bis 1953. Mit viel Liebe und Sorgfalt sind sie meist handgeschrieben und mit zahlreichen Zeitungsausschnitten mit Berichten zur politischen Lage und mit Todesanzeigen versehen. Alljährlich werden eine Einführung und ein Ausblick gegeben. Die Wanderungen sind sehr exakt, auch mit Einstreuungen, oft humorvoller Art, beschrieben. Für jede Unternehmung werden Berichte über das Wetter und die Stimmung bei der Wanderung, im Kriege auch über die Kriegslage, in den beiden ersten Vereinsjahren nach dem Kriege "Gedanken zur Zeit" vorangestellt. Die Wanderbeschreibungen ausgenommen, drückt sich der Verfasser in Gedichtform aus.
Aufschlussreich die Berichte zur Kriegslage! Mit ihrem Auf und Ab, ihrem Hin und Her, ihrer Distanz zu dem Geschehen, ihrer Friedenssehnsucht, ihren Hoffnungen, ihrer Bestürzung, ihrem Aufatmen nach bestandener Gefahr, manchmal auch ihrem Jubel, ihrer Bedrückung, ihrem sich Mut zusprechen, ihrer Niedergeschlagenheit und Verzweiflung, ihrer Wut geben sie ein anschauliches Bild, was den Verfasser - durchaus ein gefestigter Mann - und mit ihm viele Menschen dieser Zeit bewegt hat, wie zerrissen sie waren und wie sie sich trotz allem immer wieder eingerichtet haben, ohnmächtig gegenüber einem Geschehen, das sie nicht beeinflussen konnten.
Eindrucksvoll, wie zunächst - im Jahre 1940 bis Anfang 1941- eine gewisse Distanz zu dem Kriegsgeschehen festzustellen ist. Mit zunehmender Verstrickung darin und angesichts seines immer unausweichlicher werdenden Ablaufs nimmt die persönliche Beteiligung zu. Das Kriegsgeschehen wird zur ganz persönlichen Angelegenheit, die höchsten Einsatz erforderlich machen musste. Erst in den letzten Monaten des Jahres 1944, als für jedermann erkenn bar alles verloren war, bricht Wut über die politische Führung durch. Angst vor den Gegnern, den Russen, den Tschechen, den Franzosen, auch vor den Juden macht sich breit.
Der Verfasser hat seine Gedanken mit einer Offenheit geäußert, welche die Allgemeinheit als Adressaten ausschloss. Das von ihm in den Kriegsjahren geführte Wanderbuch war gewiss nur einem engen Kreis Vertrauter im Verein zugänglich, auf deren Verschwiegenheit er sich verlassen konnte. Seine Aufzeichnungen werden im Folgenden nur in einer, wenn auch umfangreichen Auswahl wiedergegeben.
Heldengedenken 1940:
Sollst nicht scheiden, altes Jahr,
ohne daß wir der gedenken . ..
die für uns das höchste Gut,
die ihr einzig Leben gaben
und für jeden Tropfen Blut
laßt uns heiße Tränen haben.
Während wir zur Maienzeit
lauschten süßem Waldesweben
schirmten sie in wildem Streit
deutsches Land und deutsches Leben.
3.8.1941:
In Rußland geht das Ringen weiter,
Millionen deutscher Streiter
schlagen Schlachten wild und schwer
und der grimme Schnitter Tod
schwingt die Sense blutig rot.
Viele kehren heim nicht mehr.
Am selben Tag die gewöhnliche Beschwer des Kriegswanderers:
In Bach war zugesperrt und kein Bier! Oh, verfluchte Kriegszeit!
Gute Miene zum bösen Spiel,
heiter sein, wenn man nicht will!
Auf bessere Zeit ein Hoffnungsblick
ist der Stimmung Meisterstück!
8.8.1943:
... Die U-Bootwaffe lange schon
sich hüllt in dumpfes Schweigen.
Rußlands Heere uns bedrohn
und lassen sich nicht beugen .
... Von mancher schönen deutschen Stadt
nur Trümmer sind geblieben.
Oh, ruhelose, schwere Zeit,
wir müssen dich ertragen,
für deutsches Land so schön und weit
laßt unsere Herzen schlagen.
7.5.1944:
Von allen Seiten kommen sie,
vom Reich der Luft getragen
die Bomber wild und schaurig, die
die Städte uns zerschlagen,
bei Tag und Nacht zu jeder Stund;
unheimlich sind die Zeiten,
wer gibt das große Elend kund,
das sie uns jetzt bereiten.
Und unsere Stimmung ist nur Wut,
die nimmer ist zu messen.
Nur eines läßt, der deutsche Mut,
uns alle Not vergessen.
6.8.1944 - zum 20. Juli 1944!
Wichtiges ist zu vermelden:
am 20. des Juli hat
eine Schar von Freiheitshelden
ausgeführt ein Attentat:
einen wollte man vernichten
mit besorgtem Zukunftsblick
um auf andere Art zu schlichten
dieses Krieges Politik.
Doch des "Führers" Leben schonte
ein besonderes Geschick
und die kühne Schar belohnte
aber bald des Henkers Strick.
3.12.1944:
"Kein Frühstück, wie einst, Magen und Gedärm schlotternd im zaundürren Bauch und hint und vorn kommen die dürren Knochen zum Vorschein, die vielleicht morgen schon grausam zerrissen im Schutt unserer Häuser modern können. Und draußen bricht die ganze Front zusammen und unsere werten Bundesgenossen kehren den Stiel um. Den "Führer" und Reichsmarschall Göring hört man schon lange nicht mehr reden und nur Reichsminister Dr. Goebbels unterbricht manchmal das peinliche Schweigen und verheißt uns den sicheren Sieg . .. Oh, unheimliches, verwegenes ,,3. Reich", wir Zeitgenossen und Unglücksraben sind die Zeugen und Leidtragenden deines unrettbaren Unterganges. Oh, deutscher Michl, wann wirst du einmal gescheit!
Unterwegs wurde beschlossen, bis auf weiteres unsere regelmäßigen Wanderungen einzustellen angesichts der immer trostloser und lebensgefährlicher werdenden Verhältnisse".